Projektbeschreibung
Ob Evaluationsergebnisse, Forschungsinformationssysteme oder auch Befragungen von Studierenden, Promovierenden und Wissenschaftler*innen ‐ Hochschulen und Forschungseinrichtungen verfügen heute über eine Vielzahl von Informationsquellen. Doch inwiefern gelingt es Hochschulen auf der Basis dieses wachsenden Informationsangebotes auch den häufig artikulierten Anspruch eines stärker evidenzbasierten Gestaltungshandelns einzulösen?
Folgt man den wenigen Studien zum deutschen Hochschul- und Wissenschaftssystem, fallen Anspruch und Wirklichkeit oftmals (noch) auseinander. So fällt es Mitarbeiter*innen und Entscheidungsträger*innen an Hochschulen häufig schwer, aus Daten und Forschungsergebnissen Implikationen abzuleiten und diese in praktisches Gestaltungshandeln zu übersetzen. Auch werden Daten mitunter nur in stark moderierter Form oder in intransparenter Weise als Informationsgrundlage genutzt.
Warum die Übersetzung von empirischen (Forschungs-)Ergebnissen in evidenzbasierte Entscheidungen oft scheitert (und wie sie gelingen kann) ist für das deutsche Hochschul- und Wissenschaftssystem bislang nur unzureichend untersucht. Denn selbst dann, wenn prinzipiell Daten vorhanden und zugänglich sind, können diese beispielsweise als nicht passfähig zur Beantwortung der konkreten Fragestellung wahrgenommen oder ihre Glaubwürdigkeit seitens relevanter Stakeholder angezweifelt werden.
In unserem Projekt NuDHe (Bedingungskonstellationen für die Nutzung befragungs- und prozessbasierter Daten in der Hochschulentwicklung) untersuchen wir anhand vertiefender Fallstudien, welche datenseitigen, individuellen und institutionellen Voraussetzungen zusammentreffen müssen, damit Befragungs- und Prozessdaten in der Hochschulentwicklung rezipiert und auch als entscheidungsrelevant betrachtet werden. Mit unseren Ergebnissen möchten wir nicht nur einen Beitrag zur Forschung leisten, sondern zugleich die Hochschulen darin unterstützen, ihre bisherigen Praktiken in der Datennutzung zu reflektieren und dazu motivieren, good practices zu teilen.
NuDHe wird als Verbundprojekt des Deutschen Zentrums für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (Dr. Antje Wegner und Christoph Thiedig) und der IU Internationalen Hochschule (Dr. Kerstin Janson und Dr. René Krempkow) im Rahmen der BMBF-Förderlinie "Forschung zum Wissenstransfer" gefördert und durchgeführt. Die beiden Teilprojekte "Qualität in der Lehre" (QiL) und "Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses" (WiN) untersuchen vergleichend zwei exemplarische Anwendungsfelder, in denen Befragungsdaten traditionell eine wichtige Informationsquelle und Arbeitsgrundlage im Rahmen von Qualitätsmanagementprozessen bilden und Prozessdaten zukünftig an Bedeutung gewinnen dürften. Zugleich unterscheiden sich die Anwendungsfelder z.B. dahingehend, wie etabliert und institutionalisiert Monitoring-, Organisations- und Qualitätsentwicklungsprozesse und Zuständigkeiten sind.
Teilprojekt QiL
Das Teilprojekt QiL beschäftigt sich mit der Frage, was Hochschulen kennzeichnet, in denen erhobene oder vorhandene Daten aus dem Bereich Studium und Lehre wie z.B. Studierendenbefragungen oder Lehrevaluationen in der Hochschulentwicklung genutzt werden ‐ sprich: Eingang in Entscheidungsprozesse findet. Und ebenso natürlich, was Hochschulen kennzeichnet, bei denen dieses nicht so ist. Welche Bedingungskonstellationen kennzeichnen diese beiden Hochschultypen? Und welche Bedingungen sind hinreichend bzw. notwendig?
In der Operationalisierung fokussiert das Teilprojekt dabei erstens auf einschlägige Quellen für Befragungs- und Prozessdaten des Anwendungsfeldes (z.B. Absolventenstudien und Studienverlaufsdaten) und differenziert in Anlehnung an den Forschungsstand zwischen Befragungsdaten und darauf aufbauenden Forschungsergebnissen als Typen für Evidenz. Zweitens werden Verwendungskontexte in den Blick genommen, die über die Erfüllung gesetzlich vorgeschriebener Rechenschafts- und Berichtspflichten hinausreichen und somit als Best Practice dienen können.
In der Operationalisierung fokussiert das Teilprojekt dabei erstens auf einschlägige Quellen für Befragungs- und Prozessdaten des Anwendungsfeldes (z.B. Absolventenstudien und Studienverlaufsdaten) und differenziert in Anlehnung an den Forschungsstand zwischen Befragungsdaten und darauf aufbauenden Forschungsergebnissen als Typen für Evidenz. Zweitens werden Verwendungskontexte in den Blick genommen, die über die Erfüllung gesetzlich vorgeschriebener Rechenschafts- und Berichtspflichten hinausreichen und somit als Best Practice dienen können.
Teilprojekt WiN
Das zweite Teilprojekt untersucht die Daten- und Ergebnisnutzung mit Blick auf den wissenschaftlichen Nachwuchs an Hochschulen. Im Kontrast zum Themenfeld „Qualität in der Lehre“ existierten hier bisher kaum etablierte Monitoring-, Organisations- und Qualitätsentwicklungsprozesse und Zuständigkeiten. Auch konzeptuell und datenseitig schienen zentrale Voraussetzungen für die evidenzbasierte Hochschulentwicklung in diesem Feld (noch) nicht gegeben: über Qualitätsstandards und Indikatoren für ein Monitoring besteht kaum Konsens, die Promovierendenerfassung erschien mitunter noch lückenhaft (Vollmar 2019) und das Vertrauen in diese Datenbasis oftmals gering. Während Studierenden- und Graduiertenbefragungen seit über einer Dekade etabliert und letztere auch bereits hinsichtlich ihrer Nutzungsfelder untersucht sind, führten in der Vergangenheit nur einzelne Hochschulen überhaupt regelmäßige Befragungen von Nachwuchswissenschaftler*innen durch. Deren Zahl ist u.a. mit dem Aufbau der National Academics Panel Study (Nacaps) seit 2019 gestiegen. Sowohl zu Promovierenden als auch promovierten Wissenschaftler*innen ist der Informationsbedarf der Hochschulen in den vergangenen Jahren stetig gewachsen, wobei diese neben Befragungs- auch zunehmend Prozessdaten in Betracht ziehen. Eine wachsende Zahl an Modellvorhaben an den Hochschulen, der Aufbau personeller Kapazitäten und der intensive Austausch in der Fachcommunity deuten auf eine sehr dynamische Entwicklung und wachsende Bedeutung der Datennutzung im Themenfeld hin, die im Rahmen des Teilprojektes zum wissenschaftlichen Nachwuchs untersucht werden soll.
Methodik
Theoretische und empirische Ansatzpunkte zum Verständnis förderlicher und hinderlicher Faktoren für evidenzbasierte Praktiken speisen sich aus verschiedenen Forschungsfeldern. Den Projektauftakt bildet deshalb ein scoping review zu empirischen Studien aus dem Zeitraum 2010 bis 2022, der die Leitfadenkonstruktion und Modellbildung für die Auswertung der Fallstudien informiert.
Sowohl in der Datenerhebung als auch in der Analyse verfolgen wir einen fallbasierten Ansatz. Unsere Fallstudien greifen als Datenbasis auf Web-Recherchen, Dokumentenanalysen sowie leitfadengestützte Experteninterviews an Hochschulen zurück. Die Durchführung der Experteninterviews an den Hochschulen ist von August 2023 bis Juli 2024 geplant.
Aufbauend auf dieser Datengrundlage sollen mit der Qualitative Comparative Analysis (QCA) Bedingungskonstellationen identifiziert werden, die zum Gelingen bzw. Misslingen der Daten- und Ergebnisnutzung in den jeweiligen Anwendungsfeldern beitragen. Damit liegt der Fokus bewusst auf der Untersuchung von Bedingungskonstellationen anstelle durchschnittlicher Effekte einzelner Bedingungen.
Mit unserem Design ermöglichen wir zugleich direkte Rückbezüge zu Einzelfällen, welche als good practices für Hochschulen in der Disseminationsstrategie des Projektvorhabens aufgegriffen werden können. Die Ergebnisse sollen im Projektverlauf in Form einer Good-Practice-Academy und Beiträgen auf Veranstaltungen einschlägiger Netzwerke der community of practice (z.B. UniWiND, UniNetzPE, Netzwerk Wissenschaftsmanagement) und interessierten Hochschul- und Wissenschaftsforscher*innen zugänglich gemacht werden.
Sowohl in der Datenerhebung als auch in der Analyse verfolgen wir einen fallbasierten Ansatz. Unsere Fallstudien greifen als Datenbasis auf Web-Recherchen, Dokumentenanalysen sowie leitfadengestützte Experteninterviews an Hochschulen zurück. Die Durchführung der Experteninterviews an den Hochschulen ist von August 2023 bis Juli 2024 geplant.
Aufbauend auf dieser Datengrundlage sollen mit der Qualitative Comparative Analysis (QCA) Bedingungskonstellationen identifiziert werden, die zum Gelingen bzw. Misslingen der Daten- und Ergebnisnutzung in den jeweiligen Anwendungsfeldern beitragen. Damit liegt der Fokus bewusst auf der Untersuchung von Bedingungskonstellationen anstelle durchschnittlicher Effekte einzelner Bedingungen.
Mit unserem Design ermöglichen wir zugleich direkte Rückbezüge zu Einzelfällen, welche als good practices für Hochschulen in der Disseminationsstrategie des Projektvorhabens aufgegriffen werden können. Die Ergebnisse sollen im Projektverlauf in Form einer Good-Practice-Academy und Beiträgen auf Veranstaltungen einschlägiger Netzwerke der community of practice (z.B. UniWiND, UniNetzPE, Netzwerk Wissenschaftsmanagement) und interessierten Hochschul- und Wissenschaftsforscher*innen zugänglich gemacht werden.